Biodiversität in der Krise - Was können wir tun?

Den Begriff Biodiversität hat wahrscheinlich jeder schon einmal gehört. Aber was bedeutet Biodiversität eigentlich genau? Und warum ist das Thema aktuell besonders wichtig?

Das deutsche Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung definiert Biodiversität als einen umfassenden Begriff für „die Vielfalt der Ökosysteme, der Tier- und Pflanzenarten und die genetische Vielfalt“ (BMZ;2024;1).

Weitere Informationen zu Biodiversität allgemein und spannende Publikationen rund um das Thema Artenschutz und Biodiversität findet du auch auf der Seite des Weltbiodiversitätsrates.

 

Biodiversitätskrise

Aktuell geht die Biodiversität weltweit jedoch zurück, so sind ca. 40% aller Pflanzenarten vom Aussterben bedroht (vgl.Munschek/Witt/Kaltofen;2023;1). Die Ursachen für diese Biodiversitätskrise sind unterschiedlich:

  • Klimawandel
  • Belastungen durch Dünger, Pestizide und Ähnliches

(vgl.Greenpeace;2024;1)

 Eine weitere Ursache ist unsere Flächennutzung. In Deutschland wurden auf ca. zwei Drittel der gesamten Fläche durch Landwirtschaft, Wohnfläche und Verkehr die natürliche Artenvielfalt zerstört (vgl.Greenpeace;2023;1).

Das Aussterben so vieler Arten hat fatale Folgen: Tiere verlieren unter Anderem ihre Nahrungsquellen und Pflanzen können nicht mehr bestäubt werden (vgl.Greenpeace;2024;1). Es tritt eine Kettenreaktion ein, durch das Sterben einer Art, werden weitere Arten bedroht. Auch wir Menschen sind vom immer weiter fortschreitenden Artensterben bedroht. Unter anderem sind unsere Nahrungs-, Wasser- und Luftverfügbarkeit vom Erhalt der Biodiversität abhängig (vgl.Greenpeace;2024;1).

Kurz gesagt: Wenn wir uns Biodiversität als eine Art Puzzle vorstellen, dann sind all die verschieden Arten, Ökosysteme und wechselseitigen Beziehungen unser Puzzleteile. Durch die Biodiversitätskrise gehen immer mehr Puzzleteile verloren und das große Biodiversitätspuzzle kann nicht vervollständigt werden. Und ein unvollständiges Puzzle kann unser Leben bedrohen.

In den folgenden Rubriken kannst du nachlesen, wie sehr unser Alltag und unser Verhalten die Biodiversität gefährdet.

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Die sogenannten Roten Listen „dokumentieren auf wissenschaftlicher Grundlage und in verdichteter Form die Gefährdung der einheimischen Arten“ (Rote-Listen-Zentrum;1). Die Roten Listen werden dabei in den Kategorien Wirbeltiere, Wirbellose Tiere, Pflanzen sowie Pilze und Flechten unterteilt (vgl. Rote-Listen-Zentrum;1). Die Roten Listen sind aber keine einfache Aufzählung gefährdeter Arten, es wird unter anderem auch über den Gefährdungsstatus der jeweiligen Art informiert. 

Über die Webseite des Roten-Listen-Zentrums sind alle Roten Listen frei aufrufbar und stehen zum Download bereit. So sind sie ein großes Hilfsmittel, um sich über den Stand gefährdeter Arten zu informieren. 

 

Ein Beispiel für artenschädliche Einflüsse des Menschen ist die Landwirtschaft.

Durch die Fläche, die für Landwirtschaft genutzt wird, wird „artenreiche Natur durch artenarme Monokultur-Landwirtschaft ersetzt“ (Greenpeace;2023;1). Die Äcker und Felder werden also nur mit einer Art bepflanzt. In Deutschland fällt ca. 50,6% der Landfläche an die Landwirtschaft, d.h. die Hälfte aller Flächen verliert durch landwirtschaftliche Monokulturen ihre Artenvielfalt (vgl.Greenpeace;2023;1). Dabei gehen auch die Lebensräume vieler Insekten verloren. Das Insektensterben schreitet nicht nur durch den Einsatz von Insektiziden voran, sondern auch durch Pflanzengifte, welche den Insekten ihre Nahrung nehmen (vgl.Greenpeace;1). Es entsteht ein Teufelskreis des Artensterbens. Durch das Aussterben der heimischen Pflanzen auf den Monokulturen sterben Insekten, die wiederum keine  weiteren Pflanzen mehr bestäuben können und zudem als Nahrung für Vögel und Säugetiere  verschwinden (vgl.Greenpeace;1).

Die monokulturellen Felder ernähren uns dabei zum Teil auch nur indirekt. Durch unseren Konsum von Fleisch und anderen Tierprodukten muss auch Futter für eben diese Tiere angebaut werden. Dabei reichen die Ressourcen innerhalb Deutschlands oft nicht aus, die Lösung: Soja aus dem Ausland (vgl.Greenpeace;1). Für dessen Anbau werden besonders im Amazonas „wertvolle Naturräume (…) unwiederbringlich zerstört“ (Greenpeace;1). Unser Fleischkonsum in Deutschland hat demnach fatale Konsequenzen für die Biodiversität weltweit. Im Umkehrschluss bedeutet das aber auch, dass wir durch eine Reduzierung bzw. Minimierung unsers Konsums von Fleisch und anderen tierischen Produkten gegen die Biodiversitätskrise vorgehen können. Denn: Wenn weniger tierische Produkte konsumiert werden, müssen weniger Tiere gehalten und dementsprechend gefüttert werden.

Ein weiterer wichtiger Treiber des Artensterbens, an dem wir alle beteiligt sind, ist die Baumwollproduktion:

Baumwollplantagen sind reine Monokulturen, die mit stark mit Pflanzenvernichtungsmitteln behandelt werden (vgl.Greenpeace;2023;1). Das Artensterben findet hier auf zwei Ebenen statt: Zum einen müssen für die Plantagen „artenreiche Wälder und Grünflachen abgeholzt“ (Greenpeace;2023;1) werden. Außerdem sterben durch das Einsetzten von Pflanzengiften auch „die letzten dort lebenden Organismen“ (Greenpeace;2023;1). Auch hier kann eine Änderung unseres Konsumverhaltens viel bewirken. Die Nutzung von Second Hand Läden oder der Kauf nachhaltig zertifizierter Textilien in Second-Hand-Läden, kann den Bedarf an Baumwolle für die Produktion neuer Kleidung senken und somit auch den Bedarf von artenarmen Baumwollplantagen. Hier findest du mehr Informationen zu nachhaltiger Kleidung auf unserer Website.

Auf dem Instagram-Kanal @gaerten.des.grauens postet der Diplom-Biologe Ulf Soltau Bilder von verschiedenen Gärten. Die von den Kanal-Abonnenten eingesendeten Bilder haben eine Gemeinsamkeit: die Gärten sehen wenig grün, aber dafür sehr grau aus. Es sind sogenannte Steingärten, also Gärten mit Schotter, Kies und anderen Steinen statt Gräsern und oft nur wenige bis gar keine Pflanzen. Aber Pflanzen bedeutet hier nicht gleich Pflanzen. Falls man Pflanzen findet, sind dies meist Neophyten, also nicht heimische Pflanzen, die „die heimischen Pflanzen verdrängen und hiesigen Tieren kaum oder gar keine Nahrung bieten“ (Nabu;1). Das Artensterben wird so verschlimmert – trotz Pflanzen!

Eigentlich sind Gärten und Vorgärten wichtige Bestandteile für ein gesundes Stadtklima. Sie dienen  nicht nur für saubere Luft, sondern auch als „ökologische Trittsteine für Pflanzenarten, Insekten und Vögel“ (Nabu;1). Wird ein Garten mit heimischen Pflanzen bepflanzt, bleibt er naturnah und lockt Insekten und Vögel an, wodurch er einen wichtigen Beitrag für Artenschutz und Biodiversität beiträgt (vgl.Nabu;1).

Biodiversität – ganz einfach zu Hause? Jetzt kommt bei dir vielleicht die Frage auf: Was kann ich für den Schutz von Biodiversität tun? Online gibt es verschiedene Apps, die bei der Mitarbeit gegen die Biodiversitätskrise helfen können. 

Mit ihnen kann jeder -auch ohne Vorwissen- einen Beitrag zu unserer Biodiversität und der Artenvielfalt leisten.

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Einfach erklärt bedeutet Conservation Gardening das Pflanzen von gefährdeten lokalen Pflanzen (vgl.Munschek/Witt/Kaltofen;2023;1). Von den auf der Roten Liste aufgeführten in Deutschland heimischen Pflanzen sind ca. 41% für Conservation Gardening geeignet (vgl. ebd). Forscher*innen fanden zudem heraus, dass Conservation Gardening deutschlandweit den Gefährdungsgrad von diesen Pflanzen der Roten Liste um ca. 25% senken könnte (vgl.ebd). Um dies zu erreichen, müssen wir alle helfen und gärtnern wo wir können. Gemeinsam mit dem Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung entwickelte die Universität Leipzig eine Web App für Conservation Gardening. Die App erstellt für jedes Bundesland eine Liste mit gefährdeten und für Conservation Gardening geeigneten Pflanzen. Die Pflanzen werden dabei nicht nur mit ihrem jeweiligen Gefährdungsgrad vorgestellt, sondern auch mit Pflegehinweisen. Unter der Rubrik „Produzenten“ kann zudem nach Gärtnereien gesucht werden, die die Samen für den Anbau der Pflanzen verkaufen. Die App kann dich so unterstützen, etwas für den Erhalt deiner lokalen Artenvielfalt zu tun.

Alle Pflanzen, die in der App zu finden sind, sind für den Anbau auf dem eigenen Balkon  oder Garten geeignet.

Hier kommst du direkt zur Web-App.

Conservation Gardening ist nicht die einzige App zum Thema Pflanzenschutz. Mit der mobilen App Flora Incognita kannst du unterwegs über dein Smartphone Pflanzenarten bestimmen und dich über ihren jeweiligen Schutzstatus informieren. Dazu muss einfach nur ein Bild der Pflanze aufgenommen werden. Die Artenbestimmung erfolgt durch ein „künstliches neuronales Netzwerk“ (Flora Incognita;2020;1), welches derzeit die Merkmale von mehr als 4800 verschiedenen Arten erkennen kann. Mit jeder gescannten Pflanze wird außerdem der Wissenschaft geholfen: Wissenschaftler können anhand der hochgeladenen Bildern mehr über die verschiedenen Blühzeiten, Standorte und auch die Veränderungen der Standorten durch den Klimawandel oder die Landnutzung erforschen (vgl.Flora Incognita;2020;1).

Die App ist für IOS, Android und Harmony OS gratis downloadbar. Hier kannst du die Flora Inkognito App direkt auf dein Smartphone oder Tablet laden.

Eine weitere Smartphone-App ist die Naturerbe-App, ein Projekt der DBU Naturerbe GmbH. Die App bietet „spannende Audioführungen durch die Flächen des nationalen Naturerbes“ (DBU;1).  Mithilfe der App kannst du eine Wanderroute in ausgewählten Gegenden aussuchen und auf deiner Wanderung dich an Stationen mit den Audioguides über die Natur und Artenvielfalt der jeweiligen Fläche informieren. Die Flächen sind oft ehemalige Militärflächen, die zum Schutz und der Sicherung ihrer Artenvielfalt „an die Länder, Naturschutzverbände und die Deutsche Bundesstiftung Umwelt übertragen“ (DBU;1) wurden.

Die App ist für IOS und Android downloadbar. Hier kannst du sie direkt auf dein Smartphone laden. 

Neben Apps gibt es natürlich noch weitere Hilfsmittel, die dich bei bei deinem Beitrag zum Artenschutz unterstützen können. Hier findest du 10 Tipps von Greenpeace für mehr Artenschutz im Alltag.

Informationen und Projekte zu Biodiversität gibt es auch direkt vor der Haustür. Mit dem Projekt GreenJLU forscht Prof. Til Kleinebecker und sein Team über den Beitrag der Justus-Liebig-Universität zur „Verantwortung zum Schutz der Stadtnatur im regionalen Kontext“ (Safaei/Kleinebecker/Bobric/Große-Stoltenberg;2023;1). Die verschiedenen Campi der JLU nehmen mit ihrer großen „Anzahl an unversiegelten Grünflächen unterschiedlichster Größe“ (ebd) einen bedeutsamen Flächenateils Gießen ein. Mit dem Projekt GreenJLU sollen diese Grünflächen nachhaltiger gestalten werden und dabei gleichzeitig als „konzeptionelle Blaupause für andere Hochschulen“ (ebd) dienen. GreenJLU verfolgt dabei neben dem Ziel von einer Steigerung der Biodiversität in Gießen auch „Kohlenstoffspeicherung, Wasserspeicherfähigkeit des Bodens, Verbesserung des Stadtklimas, Erholungsraum für JLU Angehörige und die Stadtbevölkerung sowie Einbindung von Nachhaltigkeitsaspekten in Lehre und Forschung“ (ebd). Mit Hilfe einer Vegetationskartierung der Campi-Gelände konnte zunächst ein Ist-Zustand erfasst werden und im Folgenden mit der Planung von Eingriffen und Maßnahmen ein zu erreichender Soll-Zustand erstellt (vgl.ebd). Mögliche Soll-zustände können Dachbegrünungen mit Photovoltaikausbau, das Umwandeln von PKW- zu Fahrradwegen oder ein Verzicht von Dünger und Pflanzenschutzmitteln auf Rasenbereichen sein (vgl.ebd).

Genauere Informationen zum Projekt GreenJLU bekommst du hier oder hier.

Ein paar letzte Worte…

Der Erhalt von Biodiversität ist heute wichtiger denn je. Dafür müssen wir uns alle nicht nur über das Thema informieren, sondern auch über unser jetziges Verhalten nachdenken und aktiv beim Artenschutz mithelfen. Nur so können wir die Biodiversität und dadurch das Überleben von Pflanzen und Tieren – und auch von uns Menschen retten.

Die Inhalte dieser Seite wurden im Rahmen des Lehrforschungsprojekts 2023/24 von Caroline Kick erarbeitet.

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Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) (2024): Biodiversität. Online verfügbar unter: https://www.bmz.de/de/service/lexikon/biodiversitaet-14106

DBU: Naturerbe-App. Mit der Naturerbe-App für ihr Smartphone das nationale Naturerbe erkunden. Online verfügbar unter: https://www.dbu.de/naturerbe/projekte/naturerbe-app/

Flora Incognita (2020): Pflazenbestimmungs-App „Flora Incognita“ mit Thüringer Forschungspreis ausgezeichnet. In: Flora Incognita, Projekt. Online verfügbar unter: https://floraincognita.de/aenean-vulputate-eleifend-tellus-aenean-leo-ligula/

Greenpeace: Landwirtschaft betrifft uns alle. Online verfügbar unter: https://www.greenpeace.de/biodiversitaet/landwirtschaft

Greenpeace (2023): Wie unser Resourcenhunger unsere Biodiversität aufzehrt. Online verfügbar unter: https://www.greenpeace.de/biodiversitaet/artenkrise/ressourcenhunger-biodiversitaet

Greenpeace (2024): Biodiversität. Lebensräume und Arten schützen. Online verfügbar unter: https://www.greenpeace.de/biodiversitaet

Munschek, M., Witt, R., Kaltofen, K. et al. (2023): Putting conservation gardening into practice. Sci Rep 13, 12671. Online verfügbar unter: https://doi.org/10.1038/s41598-023-39432-8 

Lanzerath, D. (2008): Einführung. In: Lanzerath, D., et al: Biodiversität. Freiburg/München: Verlag Karl Alber. 13-23

Nabu: Gärten des Grauens. Steinwüsten erobern die Vorgärten. Online verfügbar unter: https://www.nabu.de/umwelt-und-ressourcen/oekologisch-leben/balkon-und-garten/trends-service/trends/23829.html

Rote-Listen-Zentrum: Die Roten Listen. Online verfügbar unter: https://www.rote-liste-zentrum.de/de/Die-Roten-Listen-1707.html 

Safaei, M., Kleinebecker, T., Bobric, S., & Große-Stoltenberg, A. (2023). Story maps of GreenJLU; Konzept zur nachhaltigen Entwicklung der Grünflächen der Justus-Liebig-Universität Gießen.  Zenodo. https://doi.org/10.5281/zenodo.7732763 Online verfügbar unter: https://arcg.is/Xr94e  und https://arcg.is/qXbqb0