Wir betreten Anita Richters Laden “Seconda” in der Rittergasse 3 und werden von ihr und ihrer Freundin Susan Steffel, die ihr häufig im Laden hilft, herzlich begrüßt. Um uns herum sind Kleider aller Formen und Farben auf Kleiderbügeln ordentlich aufgereiht zu sehen und ein Glastisch präsentiert besonders ausgewählte Stücke.
Nachdem wir uns und das Haus der Nachhaltigkeit vorstellten tauchten wir schon gleich in das erste Thema ein: Warum kaufen nicht so viele Menschen Second Hand Kleidung? Uns wurde bewusst, dass viele immer noch ein gewisses “Schmuddel Image” mit dem Second Hand Shoppen verbinden. Dabei spielt der Gedanke, dass jemand anderes ein Kleidungsstück bereits getragen hat eine große Rolle. Dass dies bei vielen Fast Fashion Läden nicht viel anders ist, da Kleidungsstücke anprobiert oder auch mal zurückgegeben werden wird häufig eher ignoriert. Leider hält sich das Vorurteil, dass Second Hand Mode unhygienisch ist, hartnäckig. Allerdings gehört diese Sorge in die Vergangenheit, da die Kleidungsstücke ja gewaschen werden.
Im Laden Seconda in der Rittergasse wird besonders auf eine gute Qualität der Kleidung geachtet und sie wird auch schön im Laden platziert berichtet uns die Inhaberin Anita Richter. Ihr sei es sehr wichtig, dass man auch alle Kleidungsstücke gut sehen kann und nichts in der Masse untergeht. Außerdem versuche sie eine große Bandbreite abzubilden, dass also nicht nur bestimmte Personen, sondern mehrere Generationen angesprochen werden. Bei der Annahme der Kleider ist sie schon mal wählerisch, damit sie eine gute Qualität garantieren kann. Die Teile, die es nicht in den Seconda schaffen werden an die Tafel gespendet oder über Momox verkauft. Die Gewinne werden entweder ebenfalls gespendet oder in die Gestaltung des Ladens investiert.
Als wir darauf zu sprechen kommen, was sich verändern müsste, damit mehr Menschen Second Hand Kleidung kaufen, ist uns besonders der Aspekt des sozialen Ansehens aufgefallen. Dass Markenkleidung ein großes Statussymbol ist und für viele einen größeren Wert hat als Nachhaltigkeit, nimmt auch Anita Richter wahr. Viele schauen, wenn sie in ihrem Laden einkaufen, auf die Markennamen der Kleidungsstücke. “Den Leuten in das Gewissen zu reden ist das A und O”, sagt Susan Steffel, die das Problem bereits bei der Erziehung und in der Schule sieht. Es brauche eine Veränderung, die von der Regierung kommt, und vor allem Schulen sollten in die Verantwortung gezogen werden. Es brauche viel mehr soziale Projekte, die schon im frühen Alter vermitteln, dass die eigene Persönlichkeit nicht von der Kleidung abhängt, die man trägt. Außerdem dürfe nicht ausgeblendet werden, welche Folgen unser Fast Fashion Konsum mit sich bringt. Susan Steffel betont: “Wenn die Leute wissen, wie die Arbeitsbedingungen sind, dann haben sie ein Problem mit ihrer Moral”. Es fehle zudem an dem Selbstbewusstsein, nicht jeden Trend mitmachen zu müssen. Im Anschluss sprechen wir auch darüber, welchen Anteil Influencer und Werbung dazu beitragen, dass wir häufig Dinge haben wollen und kaufen, obwohl wir sie nicht brauchen. Es gäbe ein riesiges Überangebot, eine richtige Überforderung, die durch die tägliche Werbung unser Kaufverhalten antrainiert, so Anita Richter.
Allerdings sprechen wir nicht nur über die Wegwerfgesellschaft, in der wir leben, sondern die beiden geben uns auch wertvolle Tipps für Second Hand mit: Zum einen ist das auf die Qualität der Kleidungsstücke zu achten und zum Beispiel Polyester zu meiden. Zum anderen ist es wichtig möglichst Dinge zu kaufen, die auch lange gefallen und getragen werden können und nicht Trends nachzujagen, die nach einer Saison wieder out sind. Außerdem sprechen sie an, dass manche fast schon eine “Textiltherapie” betreiben, um sich abzulenken und kurz über die neu gekaufte Kleidung zu freuen. Dies muss unbedingt vermieden werden, da weder man selbst noch die Umwelt nachhaltig etwas davon hat. Besser ist es ausgewählte Teile Second Hand zu erwerben.