Kategorien
Aktuelles

Gemeinwohlökonomie

Gemeinwohlökonomie

Eine Neudefinition von wirtschaftlichem Erfolg

Eindrücke und Erfahrungen

Im WiSe 2023/24 haben wir, zwei Studierende des Lehrforschungsprojekts, das Projekt “Nachhaltige Unternehmensführung und Berichterstattung” von Herrn Prof. Herzig begleitet, für das die Studierenden des M.SC. Ernährungswissenschaften (FB09) gemeinsam mit den Gemeinwohlökonomie-Berater*innen Christian Schwarzer und Vera Ronge zwei regionale Unternehmen (Tischlein Deck Dich und Safran) dabei unterstützt haben, eine Gemeinwohl-Bilanz zu erstellen. Durch die Begleitung haben wir die Ideen und Visionen der Gemeinwohlökonomie (GWÖ) kennenlernen und beobachten können, wie sich diese in der Praxis gestalten. Hier kannst Du dir einen Überblick über die GWÖ, sowie ihr Kernstück, die GWÖ-Bilanz, verschaffen und letztlich regionale Perspektiven kennenlernen. Hierfür haben wir neben der Teilnahme an Projektsitzungen auch mit den Studierenden und Herrn Schwarzer gesprochen, um ihre Einschätzungen einzufangen.

Warum GWÖ?

Egal ob zunehmende Einkommensungleichheit, die ökologische Krise und das Überschreiten der planetaren Grenzen (im letzten Bericht des Stockholm Resilience Center waren sechs der neun planetaren Grenzen eindeutig überschritten) oder Sinnkrise – dass die gegenwärtige Form des Wirtschaftens nicht nur Vorteile mit sich bringt, sondern auch Schäden verursacht und diese zunehmend krisenhafte Erscheinungen annehmen, rückt immer stärker in das öffentliche Bewusstsein. Nach einer Studie der Bertelsmann Stiftung aus dem Jahr 2008 wünschen sich 88% der Bevölkerung ein neues Wirtschaftssystem. 

Doch warum verursacht die gegenwärtige Form des Wirtschaftens Schäden?

Erfolg im ökonomischen Raum wird gemessen an monetären Erfolgsmesswerten. Monetäre Messwerte sind auf unternehmerischer Ebene der Finanzgewinn  oder auf nationalstaatlicher Ebene das Bruttoinlandsprodukt.  

Zur Steigung des Profits: Häufig ist es einfacher den Profit zu steigern, wenn andere Werte zugunsten des Profits aufgeopfert werden. Ein Unternehmen macht Abstriche in Sachen Nachhaltigkeit und steigert den Profit. Ein Unternehmen macht Abstriche in Sachen Menschenwürde und steigert den Profit. Unethische Produkte lassen sich günstiger verkaufen.

Monetäre Erfolgsmesswerte sind im Sinne der GWÖ nicht die wichtigsten Werte, stattdessen sind Menschenwürde, Ökologische Nachhaltigkeit, Solidarität und Soziale Gerechtigkeit, Transparenz und Mitbestimmung weitaus wichtiger – allerdings sind diese Werte nicht wettbewerbsrelevant. Ein Unternehmen mit einem größeren Finanzgewinn kann seinen Betrieb vergrößern, Geld in Werbekampagnen investieren oder andere Unternehmen aufkaufen. Ein Unternehmen mit einem Mehr an Nachhaltigkeit kann hingegen kein Imperium aufbauen, sondern hat ganz im Gegenteil meist eher Schwierigkeiten wettbewerbsfähig zu bleiben.

In einer Situation von ökonomischem Wettbewerb werden also die wettbewerbsrelevanten Werte optimiert, häufig zu Kosten der nicht wettbewerbsrelevanten Werte. So entsteht ein „Race to the Bottom“. Die gegenwärtige Form des Wirtschaftens zeichnet sich aus durch eine:

Schmale, werteexklusive Definition von unternehmerischem Erfolg: Die Optimierung monetärer Erfolgsmesswerte in Konkurrenz zu anderen Unternehmen  

Gemeinwohlökonomie

Was ist die GWÖ?

Die GWÖ ist ein alternatives und ethisches Wirtschaftsmodell und der Versuch die oben beschriebene Perversion des Wirtschaftens (Überoptimierung der monetären Erfolgsmesswerte/ Geldvermehren zum Zwecke des Geldvehrmehrens) umzukehren. Das Wirtschaften soll gebunden werden an das Gemeinwohl. Wirtschaftlicher Erfolg wird nicht mehr primär gemessen an monetären Erfolgsmesswerten. Anstelle des BIP rückt das Gemeinwohlprodukt und anstelle des Finanzgewinn rückt die Gemeinwohlbilanz. Die Gemeinwohlökonomie zeichnet sich aus durch eine:

Weite, werteinklusive Definition von unternehmerischem Erfolg: Die Optimierung einer Vielfalt von Werten (Menschenwürde, Ökologische Nachhaltigkeit, Solidarität und Soziale Gerechtigkeit, Transparenz und Mitbestimmung) in Kooperation mit anderen Unternehmen.

Menschenwürde, Ökologische Nachhaltigkeit, Solidarität und Soziale Gerechtigkeit, Transparenz und Mitbestimmung

Was ist das Ziel des Wirtschaftens?

Unsere Verfassungen sind sich einig: Das Wirtschaften ist nicht nur Geldvermehrung zum Zwecke des Geldvermehrens. Das Geld ist nur Mittel zum Zweck. So steht in der Verfassung Bayerns:

„Die gesamte wirtschaftliche Tätigkeit dient dem Gemeinwohl, insbesondere der Gewährleistung eines menschenwürdigen Daseins für alle und der allmählichen Erhöhung der Lebenshaltung aller Volksschichten.“

Das eigentliche Ziel des Wirtschaftens ist der Beitrag zum Gemeinwohl. Wenn ein Unternehmen monetäre Erfolgsmesswerte optimiert auf Kosten der Werte des Gemeinwohls, so ist dies eine Perversion des Wirtschaftens und hat sein eigentliches Ziel verfehlt.

Die GWÖ-Bilanz

“Es soll ein neues Konzept des Wirtschaftens verbreitet werden und dadurch lassen sich nicht nur klassisch produzierende oder Dienstleistungsunternehmen mit dem GWÖ-Prozess zertifizieren, sondern auch andere Institutionen.“ – Studentin des Projekts

Nach eigenen Angaben stellt die ethische Bilanz das Herzstück der GWÖ dar, denn sie ist das strategische Instrument, um den Beitrag zum Gemeinwohl von Organisationen, Unternehmen, Gemeinden, Bildungseinrichtungen und NGOs zu messen. Im Vergleich zu anderen Zertifizierungen, wie z.B. den Corporate Social Responsibility Berichtsstandards, gehe die GWÖ-Bilanzierung stärker in die Tiefe und über gängige Standards hinaus:

“Ich habe den Eindruck, dass die soziale, gesellschaftliche Gemeinwohl-Ausrichtung schon etwas besonderes ist an der GWÖ […]”, erzählt eine Studentin des Projekts. 

Die Bilanzierung basiert auf der Gemeinwohl-Matrix, welche ein mehrdimensionales Indikatorensystem darstellt und die fünf Grundwerte der GWÖ sowie Berührungsgruppen  bzw. Stakeholder von Unternehmen beinhaltet:

Der Prozess der Bilanzierung…

… beginnt damit, dass sich Unternehmen, überwiegend solche, die das Thema nachhaltiges Wirtschaften bereits für sich entdeckt haben und damit identifizieren, zunächst z.B. auf Regionalgruppen-Treffen über die GWÖ informieren und orientieren. Ist entschieden, dass eine Bilanzierung durchgeführt werden soll, helfen Berater*innen, wie Herr Schwarzer und Frau Ronge, den Ansprechpartner*innen im Unternehmen dabei, Information zu sortieren, Daten zu koordinieren und letztlich einen Bericht zu erstellen. Der von den Unternehmen erstellte Bericht überprüft die GWÖ-Werte Menschenwürde, Solidarität und Gerechtigkeit, ökologische Nachhaltigkeit sowie Transparenz und Mitbestimmung im Hinblick auf die Berührungsgruppe des Unternehmens und schätzt somit den eigenen Beitrag zum Gemeinwohl ein. Der Bericht wird daraufhin extern geprüft und je nach Erfüllungsgrad wird jedem Bilanzaspekt eine bestimmte Punktzahl zugeordnet, die zusammengerechnet das finale Gemeinwohl-Bilanz-Ergebnis abbilden.  

Die Berater*innen-Rolle haben in dem begleiteten Projekt die Studentinnen übernommen. Ihnen kam die Aufgabe zu, die Unternehmen zu interviewen, kritisch nachzufragen und die Brücke zwischen der GWÖ-Theorie und dem Unternehmensalltag zu schlagen. Mit ihnen haben wir uns auch über Vorteile des Bilanzierungsprozesses unterhalten. Zu diesen zählen sie die Sensibilisierung für Themen rund um Nachhaltigkeit sowie den Lernprozess, der sich aus dem Fokus auf Themen, die im Arbeitsalltag leicht untergehen, ergibt. Außerdem kommuniziere die Bilanzierung und schließlich das Zertifikat eine besonders ganzheitliche Art der Unternehmensführung und eine maßgebliche Bedeutung von Transparenz an andere Unternehmen und Kund*innen. 

“Und das ist der Schwerpunkt”, erzählt Christian Schwarzer, “damit wir als Verbraucher uns ein Bild davon machen können, wie das Unternehmen aufgebaut ist, wie es strukturiert ist und welche Eigentumsanteile es hat.” 

Wie kann man die GWÖ unterstützen?

Die Studentinnen und Herr Schwarzer räumen ein, dass die GWÖ noch einen langen Weg vor sich hat, um das dominante Wirtschaftsmodell zu werden. Dafür müssten laut Christian Schwarzer drei Punkte weiter voranschreiten: die politische Sichtbarkeit, bedeutende unternehmerische und rechtliche Vorteile für GWÖ-bilanzierte Unternehmen sowie mehr Präsenz und Aufklärungsarbeit an Universitäten und Schulen. Er persönlich sei aber besonders an der regionalen Arbeit interessiert: “Wenn wir mehr in Gießen und im Landkreis finden, die mitmachen, umso schöner.” 

Auch die Studentinnen sehen in der regionalen Vernetzung die Möglichkeit, das Interesse an nachhaltigen Wirtschaften bei den Bürger*innen zu wecken. Die Regionalgruppe Gießen tut genau das. Über Aktionen zum Thema Nachhaltigkeit, Wirtschaft und Ökologie im Umkreis von Stadt und Landkreis sind sie Anlaufstelle für alle Interessierten und tragen zur Bekanntmachung der GWÖ und ihrer Vision bei. Bei Interesse schaut gerne auf der Website der Regionalgruppe Gießen vorbei.

Hier findest Du Berichte der Studierenden des M.SC. Ernährungswissenschaften (FB09, JLU Gießen), die die beiden Unternehmen auf dem Prozess hin zur Gemeinwohl-Bilanzierung begleitet haben. 

Lorem ipsum dolor sit amet, consectetur adipiscing elit. Ut elit tellus, luctus nec ullamcorper mattis, pulvinar dapibus leo.

Autorinnen: Lena Hock, Myriam Schreiber und Lara Herrlich
Gemeinwohlberaterin: Vera Ronge
Unternehmen: Tischlein Deck Dich
Projekt: Pilotmodul an der JLU, FB09, zur Gemeinwohlbilanzierung

 

Die Verletzung der Menschenwürde in der Zulieferkette, die Sicherung eines lebenswürdigen Verdienstes für alle Mitarbeitenden oder die Umweltauswirkungen des Produktionsprozesses – das sind Dinge, die so manches Unternehmen im Alltagsgeschäft gerne verdrängt. Das Cateringunternehmen Tischlein Deck Dich (TDD) aus Heuchelheim, ein Tochterunternehmen der ZAUG gGmbH, hat sich der Herausforderung gestellt, diese und weitere Aspekte ihres unternehmerischen Handelns aufzuarbeiten. Den Rahmen dafür setzte das Studienmodul MP-250 „Nachhaltige Ernährungswirtschaft in der Praxis“ der Justus-Liebig-Universität (JLU), unter der Leitung von Prof. Dr. Christian Herzig und M.Sc. Svea Spieker. In Zusammenarbeit mit der Gießener Regionalgruppe der Gemeinwohl-Ökonomie (GWÖ) und zwei Gemeinwohlberater*innendurften die Studentinnen der JLU den Prozess zur Erstellung eines Gemeinwohlberichtes durchlaufen und eigenverantwortlich durchführen.

 

Während die Studierendengruppe mit dem Aufbau der sogenannten Gemeinwohl-Matrix und den verschiedenen Bezugsgruppen und Werten der Gemeinwohl-Ökonomie im theoretischen Teil des Seminar vertraut gemacht wurden, war es im praktischen Teil des Seminars die Aufgabe von Tischlein Deck Dich, den Studentinnen Lena Hock, Myriam Schreiber und Lara Herrlich Rede und Antwort auf die kritischen Fragen der Vollbilanz zu stehen. Das ist angesichts von Fragen wie „Welche Bereiche der Zulieferkette weisen eine besondere Gefährdung der Menschenwürde auf?“ nicht immer angenehm. Dennoch haben die beiden Verantwortlichen Dirk Haas, Nachhaltigkeitsmanager der ZAUG gGmbH, und Steven Abstein, Betriebsstättenleiter von Tischlein Deck Dich, versucht die Fragen bestmöglich zu beantworten. Der Anspruch lag dabei nicht auf Vollständigkeit, sondern sollte vielmehr Inspiration für zukünftige Optimierungen bieten. „Der Entwicklungsprozess von uns wurde hier gestartet. Unser Ziel war nicht, innerhalb des Seminars den Prozess abzuschließen, sondern uns auf den Weg hin zu einer Bilanzierung zu begeben.“, so Herr Abstein. Bestätigend fügte Herr Haas hinzu: „Wir haben zwei Ziele: A, den Prozess bei TDD verstetigen, unsere Prozesse optimieren und zusätzliche Faktoren einbeziehen sowie Zahlen generieren, und B, den Prozess gegebenenfalls auf ganz ZAUG auszuweiten.“ 

 

Während des gesamten Prozesses waren die zwei zertifizierten Gemeinwohlberater*innen Vera Ronge und Christian Schwarzer an der Seite der Studentinnen. Für die Studentinnen der Gruppe Tischlein Deck Dich war Vera Ronge die Ansprechpartnerin, die die Studentinnen nicht nur zu den Unternehmensbesuchen begleitete, sondern auch nützliche Hinweise bezüglich der Berichtsvorlage oder der Schwerpunktsetzung im Bericht gab. Sie zog das Fazit: „Zusammen mit Studentinnen ins Unternehmen zu kommen war für uns ein Experiment, was sich gelohnt hat. Insbesondere deren Perspektive auf die Berichtsfragen und das Unternehmen waren enorm wertvoll. Dazu noch kombiniert mit Fachwissen aus dem Bereich nachhaltige Ernährung. Eine gelungene Kooperation!“ 

 

Wie es bei Pilotprojekten häufig der Fall ist, lief während des Prozesses nicht immer alles glatt. „Die Zeit war echt ein Problem, für uns und das Unternehmen.“, so Studentin Lena Hock. Nach einer gemeinsamen Eingewöhnungsphase und einer Feedback-Runde in der Mitte des Semesters konnten Vertrauen und Zusammenarbeit allerdings gestärkt werden. Zwecks der Datenerhebung und -Aufbereitung hat Tischlein Deck Dich sogar zwei Werksstudentinnen eingestellt. Zwar flossen diese Daten nicht mehr in den vorläufigen Gemeinwohlbericht des Pilotseminars ein, allerdings werden sie dem Unternehmen im Laufe des weiteren Prozesses noch nützlich sein.                                        
Das führte allerdings auch dazu, dass es beim vorläufigen Bericht teilweise weniger konkrete Ergebnisse gab. Die Studentinnen vermuteten aber eine Tendenz. Dazu sagte Studentin Lara Herrlich: „Nach dem, was wir im Laufe der Gespräche gehört haben, liegt die Stärke von Tischlein Deck Dich im Umgang mit ihren Mitarbeitenden und Kundinnen und Kunden“. Besonders überzeugt habe dabei die Teilnahme an Projekten und das gesellschaftliche Engagement für eine nachhaltige Entwicklung im Bereich der Kita- und Schulverpflegung. 

 

Auch im Hinblick auf die Organisation des Pilotmoduls wurden Verbesserungsmöglichkeiten deutlich (z.B. im Zeitablauf, bei Absprachen usw.), denn das Pilotvorhaben war neu für alle Beteiligten. Dennoch gehen alle Parteien zufrieden aus dem Prozess. Herr Haas fand hierfür passende Worte: „Wir sind mit dem Prozess sehr zufrieden und würden auch gerne weiter diesen Weg gehen.“. Myriam Schreiber stellte beim letzten Termin fest: „Abschließend kann ich sagen, dass sich trotz anfänglicher Schwierigkeiten bei der Kommunikation eine gute Zusammenarbeit entwickelt hat.“. 

Der vorläufige Berichtsentwurf wurde Tischlein Deck Dich bei einer gemeinsamen Abschlussveranstaltung am 19. Februar 2024 übergeben.  Mit diesem Berichtsentwurf hat Tischlein Deck Dich nun die Möglichkeit sich auf den weiteren Prozess der Gemeinwohlbilanzierung zu begeben.

Autorinnen: Nadja Viehl, Lara Pellen, Georgia Jencquel und Carolina Strack
Gemeinwohlberaterin: Christian Schwarzer
Unternehmen: Bio Catering Safrgn
Projekt: Pilotmodul an der JLU, FB09, zur Gemeinwohlbilanzierung

 

Unter der Leitung von Herrn Prof. Dr. Christian Herzig und Svea Spieker und in enger Zusammenarbeit mit dem Gemeinwohlberater Christian Schwarzer konnten sich Studierende der Justus-Liebig-Universität Gießen auf eine spannende Reise mit Bio Catering Safran zur Gemeinwohl-Ökonomie (GWÖ) begeben. Im Rahmen des Moduls „Nachhaltige Ernährungswirtschaft in der Praxis“ wurden in abwechselnden theoretischen und praktischen Einheiten nicht nur Ideen ausgetauscht, sondern auch der erste Berichtsentwurf erstellt – ein bedeutender Schritt in Richtung einer umfassenden Bilanzierung. Die GWÖ ist mehr als nur ein Wirtschaftsmodell – sie ist ein möglicher Weg hin zu einer Wirtschaft, die auf ethischen Werten wie ökologischer Verantwortung, Solidarität und sozialer Gerechtigkeit beruht. Durch konkrete und umsetzbare Ansätze zielt sie darauf ab, einen nachhaltigen Mehrwert zu schaffen, der über die reine Profitmaximierung und grenzenloses Wachstum hinausgeht. Dieses Projekt zeigt, wie Unternehmen wie Bio Catering Safran aktiv zu einer nachhaltigeren Ernährungswirtschaft beitragen können. Das Projekt wurde durchgeführt im Zeitraum zwischen November 2023 und Februar 2024.

In dieser Zeit erarbeiteten die Studierenden zusammen mit Christian Schwarzer und Bio Catering Safran im Rahmen regelmäßiger Austauschtreffen die relevanten Inhalte für eine mögliche anschließende Bilanzierung. Hierbei wurden jeweils zu einer der fünf Berührungsgruppen (Lieferant*innen, Eigentümer*innen und Finanzpartner*innen, Mitarbeitende, Kund*innen und Mitunternehmen, Gesellschaftliches Umfeld), die die GWÖ als besonders relevant im Rahmen unternehmerischen Handelns ansieht, Fragen gestellt. Die Berichtsfragen waren zudem untergliedert entlang der vier von der GWÖ vorgegebenen Werte (Menschenwürde, Solidarität und Gerechtigkeit, Ökologische Nachhaltigkeit, Transparenz und Mitentscheidung). Somit sammelten die Studierenden die Antworten und Verifizierungsindikatoren und verfassten Stück für Stück den Bericht, während sie in dem ebenfalls zweiwöchentlich stattfindenden Modul das nötige Hintergrundwissen zu den GWÖ-Prinzipien und die praktische Umsetzung erhielten und den Prozess kritisch reflektierten. Christian Schwarzer stand sowohl den Studierenden als auch der Geschäftsführung von Bio Catering Safran dabei jederzeit in seiner Funktion als Gemeinwohlberater zur Seite.

Auch am letzten Besuchstermin bei Bio Catering Safran reflektierten alle Beteiligten noch einmal die vergangenen Wochen und Treffen. Hier waren sich alle einig, dass eine Berichterstellung in einem so kurzen Zeitraum für alle Seiten sehr anspruchsvoll war – so sei es laut Christian Schwarzer “eine maximale Herausforderung für ein Unternehmen, in dieser kurzen Zeit alle Ebenen des Berichts zu durchdenken”. Normalerweise müsse je nach Größe des Unternehmens mindestens ein halbes bis dreiviertel Jahr, eher sogar ein ganzes Jahr für die Berichtserstellung eingeplant werden. “Dafür ist das hier schon rekordverdächtig gelaufen”, betonte er. Auch der Geschäftsführer Harald Rühl fügte hinzu, dass das Aufbereiten der relevanten Berichtsdaten sehr aufwendig und zeitintensiv gewesen sei, das Ganze aber dennoch auch eine gute Möglichkeit zur Selbsteinschätzung und zugleich lehrreich gewesen sei: “Ich sehe überall Potenzial zum Verbessern in kleinen Schritten. Wir sind noch nirgends an einem ganz, ganz vorbildlichen Punkt. Aber wir sind in vielen Dingen auch schon relativ weit”. Und auch Eva Marie Siegfried, die stellvertretende Geschäftsführung, bemerkte, dass sie durch den Prozess dazu angeregt worden sei, über Problematiken nachzudenken, die sie vorher in dem Maße noch nicht gesehen habe – “das fand ich schon ganz cool”.

Hervorgehoben wurde schlussendlich auch noch, dass die gemeinsame Zusammenarbeit zwischen allen Parteien sehr gut verlief. Harald Rühl meinte dazu: “Wir haben uns bewusst dazu entschieden, offen zu sein und da einfach mal mitzumachen. Die Zusammenarbeit mit den Studierenden und mit Christian war prima”. Und auch Christian bedankte sich bei der Studierendengruppe für ihr Engagement: “Ihr habt einen klasse Job gemacht, indem ihr mit den Fragen und dem, was ihr verschriftlicht habt, eigentlich schon eine super Grundlage geschaffen habt, um ins Testat zu gehen”.  Bio Catering Safran nutzt den Berichtsentwurf als Grundlage, um im eigenen Betrieb weitere Lösungsansätze für drängende Probleme wie Ressourcenknappheit, Klimakrise, Biodiversitätsverlust und zunehmende soziale Ungleichheit systematisch anzugehen.

Quellen:

Die Inhalte dieser Seite wurden im Rahmen des Lehrforschungsprojekts von Eric Schaaf und Ricarda Schmidt erarbeitet.

Fair Free! Camp

Das FAIR CAMP ist seit 2011 ein mobiler Lernort und Vernetzungsraum – initiiert von Katharina Wyss in Berlin und jeweils umgesetzt mit lokalen Teams. Nachbarn, Pioniere, regionale Initiativen, Unternehmer*innen und Experten aus verschiedenen Lebensbereichen probieren neue Möglichkeiten des Miteinanders für eine enkeltaugliche Zukunft aus.

Zielgruppe der FAIR CAMPs: Generationsübergreifend und für alle Menschen …

  • die den Wandel im Bildungsfeld und in der Gesellschaft voranbringen wollen: raus der Trennung hinein in die Verbindung. Damit geht das Verständnis einher, dass die äußere Entwicklung eng verbunden ist mit der inneren Entwicklung (Inner Development Goals – IDGs).
  • die Verantwortung tragen, gestalten, inszenieren, schöpferisch sind und die Transformation hin zu einer lebenswerten Welt für ALLE anstreben.

„Sei Du die Veränderung, die Du in der Welt sehen willst.“ Mahatma Ghandi

Tagung der Transformationssoziologie

Die Expansion von Praktiken des Experimentierens, des trans- und interdisziplinären Austauschs, sozialer Innovationen und partizipativer und transformativer Forschung – seien es Living Labs, Nischenexperimente, offene Arenen etc. – in ganz verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen, setzt die Soziologie vor eine erneute Richtungsentscheidung. Welche Rolle soll sie analytisch zu gesellschaftlichen Veränderungsprozessen einnehmen und welche Rolle kann (und soll) sie selbst in diesen Transformationsprozessen spielen? Befeuert wird diese Entwicklung durch einen hohen normativen gesellschaftspolitischen Erwartungsdruck, der eine neue Rolle der Sozialwissenschaften in der Ausgestaltung gesellschaftlichen Wandels – etwa hin zu einer nachhaltigeren Gesellschaft – einfordert. Für eine Transformationssoziologie stellt sich die Frage von ‚Engagement und Distanzierung‘ (so Elias) mithin auf eine ganz neue Weise.

Die Tagung Transformationssoziologie möchte sich mit diesem Themenkreis beschäftigen, interessierte Forscher*innen versammeln und einen Startpunkt für ein Community Building schaffen.

Die Anmeldung ist bis zum 10.11.23 möglich. Die Teilnahme ist kostenlos.

Flyer_Transformationssoziologie